DER KONTRABASS
Wenn wir den Kontrabass in seine Entstehungszeit zurückverfolgen, so finden wir bereits Zeugnisse aus dem 16. Jahrhundert. Der erste Teil des Namens «Kontra» weist darauf hin, dass die tiefsten Tone des Kontrabasses bis in die Kontraoktav hinunter reichen. Er gehört zur Geigenfamilie und ist als Erweiterung des Tonumfanges gedacht. Daher spielt man ihn auch meistens mit dem Bogen. Im Jazz und in der Unterhaltungsmusik wird der Kontrabass dank seiner charakteristischen, warmen Klangfarbe geschätzt und eingesetzt. In diesen beiden Stilarten zupft man ihn aber im allgemeinen.
In der Musik haben die Bässe — z. B. Susaphon, Basstuba, Fagott, Bassgitarre, Kontrabass — meistens die Aufgabe, den harmonischen Grund zu bilden. Ein Akkord klingt ja grösstenteils dann am schönsten, wenn der Grundton der tiefste, durch einen Bass gespielte Ton ist. Zu dieser harmonischen kommt vielfach auch noch eine rhythmische Aufgabe. Letztere ist manchmal unterstützender, in vielen Fällen aber prägender Art. Aus diesen beiden grundsätzlichen Aufgaben ergeben sich hauptsächlich zwei Anforderungen an einen Bass-Schüler. Einerseits muss er über ein gutes Gefühl für harmonische Zusammenhänge, anderseits über ein ausgeprägtes Rhythmusgefühl verfügen.
Versucht man sich über die Haupteinsatzgebiete des Kontrabasses klar zu werden, so stösst man grundsätzlich auf deren drei:
a) Volksmusik
In vielen Ländlerkapellen ist die Bassgeige — wie der Kontrabass auch genannt wird — das einzige, rhythmusgebende Instrument. Die meisten Bassisten dieser Sparte erlernen in wenigen Stunden bei einem Ländlerbassisten einige grundlegende Handgriffe und vervollkommnen später ihre Spieltechnik im praktischen Einsatz. Natürlich ist es von Vorteil, wenn jemand zuerst klassischen Bass lernt. Es ist aber nicht Voraussetzung. Zahlreiche gute Ländlerbassisten können bezüglich ihres Instrumentes nur bedingt notenlesen.
b) Jazz
Im Jazz ist der Kontrabass wesentlicher Bestandteil der Rhythmusgruppe — 27 Bass, Banjo, Schlagzeug. Diese Musik stellt höhere Anforderungen an den Bassisten als die Ländlermusik. Daher empfiehlt es sich, dass der Jazzbassist zuerst die klassische Spielart gründlich erlernt. Auch hier ist es aber nicht Voraussetzung, denn es gibt viele ausgezeichnete Jazzbassisten, die nicht diesen Weg beschritten haben. Sie begannen vielmehr — meist in jugendlichem Alter — in einer Dixieband, wobei sie in den folgenden Jahren ihre persönliche Technik ständig verbesserten.
c) Klassische Musik
In dieser Sparte ist es unumgänglich, den Kontrabass gründlich zu erlernen. Für das Zusammenspiel in einem klassischen Orchester ist es Voraussetzung, dass man das Notenlesen beherrscht. Zudem ist eine gute Bogenführung unerlässlich. Sie ist es erst, die die geforderte Klangqualität ermöglicht. Es wird aber auch noch erwartet, dass der Bassist zu einer sauberen Intonation (Treffen der Tonhöhe) fähig ist. Dies ist umso schwieriger, weil der Kontrabass ja ein sehr langes Griffbrett hat, was bedeutet, dass die Töne weit auseinander liegen und daher nur mit grossen Armbewegungen erreicht werden. Der folgende Vergleich soll diese «Weitläufigkeit» unterstreichen: Bei der Geige können zwischen Zeige-und Kleinfinger drei ganze Töne eingeschlossen werden, beim Kontrabass ist nur ein Ganzton möglich.
In eigener Sache
Als Amateurmusiker stellte ich fest, dass ein grosser Mangel an Kontrabassisten aller Stilarten besteht. Ich entschloss mich daher - im Alter von 29 Jahren - dieses Instrument von Grund auf zu erlernen, was mir mit Erfolg gelang. Gefördert durch die immer zahlreicher werdenden öffentlichen Musikschulen, gibt es immer mehr Leute, die fähig und willens sind, in einem Amateurorchester zu spielen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass das Mu-izieren ein ideales Hobby darstellt, vor allem dann, wenn man mit gleichgesinnten Menschen zusammenspielen darf. Vielfach lassen sich aber gerade solche Gruppen nicht befriedigend zusammensetzen, weil man keinen Bassisten auftreiben kann. Ich wende mich daher an alle Leser mit der Bitte, die Arbeit des Bassisten in Erinnerung zu rufen. Sie gerät im Trubel um die Soli gern in Vergessenheit. Der Bass sollte aus seinem Schattendasein herausgehoben werden, damit sich mehr Menschen angesprochen fühlten, Kontrabass zu spielen. Stellen wir uns vor, er existierte überhaupt nicht! Wie fahl und blass würde manches Musikstück - z. B. der 3. Satz aus der bekannten Symphonie Nr. 5 von Ludwig van Beethoven - klingen.
Geni Häusler, Kontrabassist.
Publiziert in der LANDIS & GYR Hauszeitschrift Nr. 6 vom Dezember 1978
Publiziert in der LANDIS & GYR Hauszeitschrift Nr. 6 vom Dezember 1978
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